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Handelsvertreterrecht Polen

Recht der Internationalen Wirtschaft - Mai 2002

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Das neue polnische Handelsvertreterrecht

von RA Jacek Franek M. L. E., Warschau

Die deutsche Wirtschaft betrachtete Polen ursprünglich nur als eine verlängerte Werkbank mit kostengünstigen Produktionsfaktoren. Sehr schnell erkannte man aber, daß ein Land mit fast 40 Mio. Einwohnern und wachsender Kaufkraft auch einen riesigen Absatzmarkt darstellt. Ein wesentlicher Teil der deutschen Geschäftstätigkeit in Polen besteht daher im Vertrieb von Waren. Der Warenvertrieb kann entweder durch eigene Firmenvertretung, sei es in Form einer Repräsentanz, sei es in Form einer Tochtergesellschaft, oder durch polnische Vertriebsmittler erfolgen. Zu den letzteren gehört klassischerweise der Handelsvertreter. Der nachfolgende Beitrag stellt das neue polnische Recht der Handelsvertretung dar.

Zum 26.07.2000 trat in Polen ein neues Handelsvertreterrecht in Kraft.1 Es ist dem deutschen Handelsvertreterrecht, aber auch dem Handelsvertreterrecht der übrigen EU-Länder, weitgehend vergleichbar. Die Ähnlichkeit ist darin begründet, daß das neue polnische Handelsvertreterrecht im Zuge der Anpassung an das EU Recht entstanden ist und die EU-Handelsvertreter-Richtlinie umsetzt.2 Diese wurde seinerzeit sehr stark vom deutschen Handelsvertreterrecht beeinflußt. Einige Abweichungen vom deutschen Recht bestehen aber trotzdem. Sie werden in diesem Beitrag besonders hervorgehoben.

I. Geschichtlicher Überblick

Im polnischen Recht wird der Handelsvertreter "Agent" genannt. Der Vertrag mit dem Handelsvertreter heißt dementsprechend "Agenturvertrag". Das Wort ist lateinischen Ursprungs, aber wohl auch auf das deutsche HGB zurückzuführen, das im Jahre 1900 als erstes Gesetz der Welt den "Handlungsagenten" brachte.

Ursprünglich war der Handelsvertretervertrag im (polnischen) HGB aus dem Jahre 1934 geregelt. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden die meisten Teile des HGB, unter anderen auch der Handelsvertretervertrag, aufgehoben. Die Regelung über den Handelsvertreter wurde in das ZGB verlagert.

Im sozialistischen System war der Beruf des Handelsvertreters unterentwickelt. In der Regel wurde der Agenturvertrag als eine besondere Form der Anstellung von Privatpersonen durch den Staat im Bereich des Handels und der Gastronomie verwendet. Ihnen wurde ein Handels- oder Gastronomiebetrieb übergeben, und sie betrieben diesen mehr oder weniger auf eigenes Risiko. Häufig waren auch Versicherungsvertreter auf der Basis eines Agenturvertrages beschäftigt. Da der sozialistische Staat den Beruf des Handelsvertreters als zweitrangig einstufte, wurde ihm im ZGB auch relativ wenig Aufmerksamkeit geschenkt.3

Nach der Wende gewann der Beruf des Handelsvertreters urplötzlich an Bedeutung. Aber in völliger Diskrepanz zu der zunehmenden Bedeutung des neu aufblühenden Berufes stand die zu kurz geratene gesetzliche Regelung über den Handelsvertretervertrag. Gelegenheit zur Änderung der lückenhaften Vorschriften bot der bevorstehende Beitritt zur Europäischen Union. Zunächst wurde im Jahre 1999 der Entwurf des neuen Handelsvertreterrechts der Öffentlichkeit präsentiert.4 Im Jahre 2000 wurde nach einigen Änderungen des Entwurfs das neue, an die EU-Handelsvertreter-Richtlinie angepaßte Handelsvertreterrecht verabschiedet.

Das neue polnische Handelsvertreterrecht integriert die Richtlinie vollständig in das Zivilgesetzbuch (Art. 758 – 7649 ZGB), indem die bereits existierenden Vorschriften über den Agenturvertrag als Basis der Regelung verwendet werden. Die neu eingefügten Artikel wurden dabei nicht wie in Deutschland mit Buchstaben, sondern – wie in Polen üblich – mit hochgestellten Zahlen versehen.

II. Allgemeine Bemerkungen

Anders als im deutschen Recht ist der Handelsvertretervertrag nicht im HGB, sondern im ZGB geregelt (Art. 758 ff ZGB). Der Handelsvertretervertrag ist eine Unterart des Auftrags (Art. 734 ff. ZGB), so daß darauf die Vorschriften über den Auftrag subsidiär angewandt werden können.5

Da die EU-Richtlinie primär als ein Gesetzeswerk zum Schutz des Handelsvertreters gedacht ist, sind im Einklang mit der Richtlinie viele Vorschriften des neuen polnischen Handelsvertreterrechts halbzwingender Natur, d.h. sie dürfen nicht zum Nachteil des Handelsvertreters vertraglich abgeändert werden. Treffen die Parteien trotzdem eine solche Regelung im Vertrag, ist diese nichtig und an ihre Stelle tritt die gesetzliche Regelung.

Die Richtlinie geht aber nicht ausschließlich von der Vorstellung aus, daß es nur einen Typ des Handelsvertreters, den "schutzbedürftigen" Handelsvertreter, gibt, sondern erkennt, daß einige Handelsvertreter die von ihnen betreute Marke derart beherrschen können, daß sie bei den Vertragsverhandlungen mit dem Unternehmer den überlegenen Teil darstellen. Einige der Vorschriften des polnischen Handelsvertreterrechts sind daher nach dem EU-Vorbild als absolut zwingend konstruiert: sie dürfen weder zum Nachteil des Handelsvertreters noch zum Nachteil des Unternehmers geändert werden.

Bei den übrigen Vorschriften wurde vom polnischen Gesetzgeber der Grundsatz der Vertragsfreiheit gewahrt: Sie sind dispositiver Natur.

III. Die Rechtsstellung des Handelsvertreters

Handelsvertreter ist gem. Art. 758 § 1 ZGB derjenige, der im Rahmen des eigenen Unternehmens beauftragt wird, für einen anderen Unternehmer gegen eine Vergütung ständig Geschäfte zu dessen Gunsten zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Der Handelsvertreter kann damit nach polnischem Recht mit zweierlei Befugnissen ausgestattet werden. Entweder vermittelt er lediglich geschäftliche Aufträge für den Unternehmer oder er darf darüber hinaus auch Verträge im Namen des Unternehmers bindend abschließen.

Der Handelsvertreter ist gem. Art. 758 § 2 ZGB zwar nur dann zum Abschluß von Verträgen im Namen des Unternehmers sowie zur Entgegennahme von Leistungen für ihn berechtigt, wenn er hierzu ausdrücklich ermächtigt ist. Für den Fall jedoch, daß der Handelsvertreter ohne ausdrückliche Vollmacht einen Vertrag mit dem Kunden abschließt oder die Grenzen seiner Vollmacht überschreitet, wurde in Art. 7603 ZGB eine für den Unternehmer gefährliche Regelung getroffen, die auch im deutschen Handelsvertreterrecht (§ 91 a dt. HGB) vorhanden ist. Der abgeschlossene Vertrag gilt nämlich nach Art. 760 3 ZGB als vom Unternehmer genehmigt, wenn dieser nicht unverzüglich nach Kenntnisnahme vom Abschluß des Vertrages dem Kunden gegenüber erklärt, daß er den Vertrag nicht genehmigt. Dabei spielt es im polnischen Recht, anders als im deutschen nach § 91 a dt. HGB, keine Rolle, ob dem Kunden der Mangel der Vertretungsmacht bekannt war.

Anders als in Deutschland ist der zum Abschluß von Verträgen bevollmächtigte Handelsvertreter gem. Art. 7591 ZGB im Zweifel dazu ermächtigt, Zahlungen von Kunden entgegenzunehmen. Ebenso wie in Deutschland (§ 91 Abs. 2 dt. HGB) ist er gem. Art. 7591 ZGB im Zweifel dazu ermächtigt, Mängelanzeigen und andere Erklärungen, die die Durchführung des im Namen des Unternehmers abgeschlossen Vertrages betreffen, entgegenzunehmen. Der Handelsvertreter ist verpflichtet, die Mängelanzeigen an den Unternehmer weiterzuleiten (Art. 760 ZGB).

IV. Form des Handelsvertretervertrages

Der Handelsvertretervertrag bedarf keiner besonderen Form. In der Praxis empfiehlt sich selbstverständlich die Schriftform. Dies ist um so empfehlenswerter, als das polnische Recht bei Verträgen, deren Wert PLN 2.000 übersteigt, einen Zeugenbeweis für das Zustandekommen des Vertrages nur im beschränken Maße zuläßt (Art. 75 i. V. m. Art. 74 ZGB).

Obwohl der Handelsvertretervertrag formfrei ist, verleiht Art. 7582 S. 1 ZGB jeder Partei des Recht, von der anderen Partei eine schriftliche Bestätigung des Inhalts sowie der Änderungen oder Ergänzungen des Vertrages zu verlangen. Der Verzicht auf diesen Anspruch ist gem. Art. 7582 S. 2 ZGB ausgeschlossen. Der gesetzgeberische Grund für diese Regelung liegt darin, daß bei einem auf Dauer ausgerichteten und oft tatsächlich sehr lange andauernden Schuldverhältnis ein Bedürfnis zur eindeutigen Festlegung und Klarstellung der getroffenen Abreden gegeben ist.6 Darüber hinaus hat die Vorschrift auch Beweisfunktion. Die Parteien sollen nicht nur wissen, was sie vereinbart haben; sie sollen das Vereinbarte im Streitfalle auch beweisen können. Daß mit Art. 7582 S. 1 ZGB und seinem Modell, dem Art. 13 I EU-Handelsvertreter-Richtlinie, vornehmlich der Schutz des Handelsvertreters beabsichtigt ist, zeigt deutlich ein Vergleich mit der für Arbeitsverhältnisse geltenden EU-Nachweisrichtlinie7, die zum Schutz der Arbeitnehmer eine ähnliche "Nachschreibepflicht" für Arbeitsverträge vorsicht.

V. Pflichten des Handelsvertreters

Gem. Art. 760 ZGB ist der Handelsvertreter zur Loyalität gegenüber dem Unternehmer verpflichtet. Darüber hinaus hat er sich bei der Ausführung seiner Tätigkeit an das Gebot von Treu und Glauben zu halten. Zwar wird diese Pflicht nicht ausdrücklich in den Vorschriften über das Handelsvertreterrecht genannt. Sie ergibt sich jedoch aus dem Allgemeinen Teil des ZGB, und zwar aus Art. 354 ZGB. Darin ist die allgemeine Treu-und-Glauben-Klausel des polnischen Zivilrechts statuiert: Der Schuldner hat seine Verpflichtung in Übereinstimmung mit ihrem Inhalt und in einer ihrer sozio-ökonomischen Zweckbestimmung und den Grundsätzen des gesellschaftlichen Zusammenlebens entsprechenden Art und Weise, und, wenn in diesem Bereich bestimmte Gebräuche gelten, auch in einer diesen Gebräuchen entsprechenden Art und Weise zu erfüllen.

Den Handelsvertreter trifft gem. Art. 7601 ZGB auch die sogenannte Informationspflicht: Er hat dem Unternehmer sämtliche Informationen zu übermitteln, die für diesen von Bedeutung sind. Gem. Art. 7601 ZGB hat er darüber hinaus im Rahmen der ihm in Auftrag gegebenen Geschäfte sämtliche Handlungen vorzunehmen, die zur Sicherung der Rechte des Unternehmers erforderlich sind. Überdies hat der Handelsvertreter den angemessenen Weisungen des Unternehmers nachzukommen.

Die in Art. 3 Abs. 2 lit. a EU-Handelsvertreter-Richtlinie verankerte Pflicht des Handelsvertreters, sich um das Zustandekommen von Geschäften zu bemühen, wurde in das neue polnische Handelsvertreterrecht nicht ausdrücklich aufgenommen. Die Beachtung der Bemühenspflicht wird jedoch von der Bestimmung des Art. 355 ZGB gewährleistet. Nach Art. 355 § 1 ZGB hat der Schuldner die in Verhältnissen der gegebenen Art allgemein erforderliche Sorgfalt zu beachten. Gemäß Art. 355 § 2 ZGB bestimmt sich die erforderliche Sorgfalt des Schuldners im Bereich der von ihm ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeit unter Berücksichtigung des beruflichen Charakters dieser Tätigkeit. Daher ist die erforderliche Sorgfalt im Bereich der Handelsvertretung unter Berücksichtigung des Umstandes zu bestimmen, daß die Hauptaufgabe des Handelsvertreters darin besteht, Geschäfte zu vermitteln.

Den Handelsvertreter trifft darüber hinaus eine umfassende Verschwiegenheitspflicht über Unternehmensgeheimnisse. Sie ergibt sich aus Art. 11 UWG8. Nach der gesetzlichen Definition des Art. 11 Abs. 4 UWG gelten als Unternehmensgeheimnis technische, technologische, Handels- oder Organisationsinformationen des Unternehmens, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind und vom Unternehmer besonders gesichert wurden. Die Verschwiegenheitspflicht gilt bis zum Ablauf von 3 Jahren nach Beendigung des Vertragsverhältnisses. Geheimnisverrat stellt einen Straftatbestand gemäß Art. 23, 27 UWG dar.

VI. Pflichten des Unternehmers

Der Unternehmer ist gem. Art. 760 ZGB vor allem zur Loyalität gegenüber dem Handelsvertreter verpflichtet. Die Pflicht des Unternehmers, sich nach den Geboten von Treu und Glauben zu verhalten, ergibt sich aus Art. 354 ZGB. Der Unternehmer ist auch verpflichtet, dem Handelsvertreter die Unterlagen und Informationen, die zur ordnungsgemäßen Ausführung des Vertrages erforderlich sind, zur Verfügung zu stellen (Art. 7602 § 1 ZGB).

Der Unternehmer hat dem Handelsvertreter des weiteren gem. Art. 7602 § 2 ZGB innerhalb einer angemessenen Frist von der Annahme oder Ablehnung und der Nichtausführung der vom Handelsvertreter vermittelten Geschäfte Kenntnis zu geben. Der Unternehmer ist überdies verpflichtet, den Handelsvertreter innerhalb einer angemessenen Frist zu benachrichtigen, sobald er absieht, daß die Anzahl oder der Wert der Geschäfte erheblich geringer sein wird, als der Handelsvertreter normalerweise dies hätte erwarten können.

Gem. Art. 762 ZGB ist der Unternehmer mangels einer anderen Vereinbarung verpflichtet, dem Handelsvertreter die bei der Ausführung des Auftrages angefallenen Auslagen zu erstatten. Dies gilt aber nur insoweit, als die Auslagen begründet gewesen sind und als ihre Höhe das unter den gegebenen Umständen gebräuchliche Maß übersteigt. Zur Sicherung seines Anspruchs auf Erstattung von Auslagen und seines Provisionsanspruchs (dazu sogleich) steht dem Handelsvertreter gem. Art. 763 ZGB ein gesetzliches Pfandrecht an den Sachen und Wertpapieren des Unternehmers, die er in Verbindung mit dem Handelsvertreterverhältnis erhalten hat, zu, solange sie sich bei ihm oder bei seinem Besitzdiener befinden oder solange er über sie mit Hilfe von Urkunden verfügen kann.

VII. Provision

Die Hauptpflicht des Unternehmers besteht in der Zahlung der vereinbarten Provision. Gem. Art. 7581 § 2 ZGB ist Provision eine Vergütung, deren Höhe von der Zahl oder dem Wert der abgeschlossenen Geschäfte abhängt.

Nach der weiterhin geltenden Rechtsprechung darf die Provision nicht grob unbillig sein.9 Wann dies der Fall sein soll, läßt sich generell nicht sagen; grob unbillig wäre nach der Rechtsprechung auf jeden Fall eine Provision, die dem Handelsvertreter keinen oder nur einen minimalen Gewinn aus seiner Tätigkeit gewährt.10 Zwar ist diese Rechtsprechung mit Vorsicht zu genießen, da sie noch aus der Zeit des sozialistischen Systems stammt. Doch auch im deutschen Recht wurden vom Ergebnis her ähnliche Entscheidungen gefällt.11

Wurde die Höhe der Provision im Vertrag nicht geregelt, steht dem Handelsvertreter eine Provision in der unter den am Ort seiner Tätigkeit gegebenen Verhältnissen üblichen Höhe zu. Kann die Provision auf diese Art und Weise nicht festgelegt werden, steht dem Handelsvertreter eine Provision in angemessener Höhe zu, bei der sämtliche mit der Erfüllung der in Auftrag gegebenen Geschäfte zusammenhängenden Faktoren berücksichtigt werden.

Der polnische Gesetzgeber hat keine Regelung über die Provisionsberechnungs-grundlage getroffen, wie sie in § 87 b II dt. HGB verankert ist – also, ob die Provision vom Brutto- oder vom Nettowert zu berechnen ist, ob sie von Skonti und sonstigen Nachlässen beeinflußt wird und ob die Nebenkosten in den Preis miteingerechnet werden.

Die Bestimmungen des ZGB über die Entstehung und Fälligkeit des Provisions-anspruchs sind teilweise nicht sehr klar gefaßt. Das ist allerdings die Folge der direkten Umsetzung der EU-Handelsvertreter-Richtlinie, die diesbezüglich, ähnlich wie das deutsche Recht, undurchsichtig ist. Nach Art. 761 und 7611 ZGB hat der Handelsvertreter Anspruch auf Provision mit dem Zustandekommen des Vertrages zwischen dem Unternehmer und dem Kunden. Dann, noch Art. 7613 ZGB, erwirbt der Handelsvertreter das Recht auf Provision, wenn eine der Vertragsparteien die Leistung erbracht hat. Schließlich kann der Handelsvertreter nach Art. 7613 ZGB die Provision nicht verlangen, wenn feststeht, daß der Vertrag doch nicht aus Gründen ausgeführt wird, die der Unternehmer nicht zu vertreten hat. Dogmatisch wird diese Konstruktion wohl 12 folgendermaßen eingeordnet werden: Der Anspruch auf Provision entsteht mit dem Abschluß des Vertrages zwischen dem Unternehmer und dem Kunden (Art. 761 und 7611 ZGB). Durch den Abschluß allein erwirbt der Handelsvertreter aber noch keinen durchsetzbaren Anspruch. Dieser steht zunächst unter der aufschiebenden Bedingung der Ausführung des Vertrages durch eine der Parteien (Art. 7613 ZGB). Anschließend steht er noch unter der auflösenden Bedingung des Feststehens der Nichtausführung des Vertrages aus Gründen, die der Unternehmer nicht zu vertreten hat (Art. 7614 ZGB).

1. Entstehung des Provisionsanspruchs

Nach Art. 761 und 7611 ZGB entsteht der Provisionsanspruch des Handelsvertreters mit dem Abschluß des Vertrages zwischen dem Unternehmer und dem Kunden. Bei den detaillierten Entstehungsvoraussetzungen unterscheidet das ZGB im ersten Schritt danach, ob der Vertrag während (Art. 761 ZGB) oder erst nach Beendigung (Art. 7611 ZGB) des Handelsvertreterverhältnisses geschlossen wurde. Innerhalb dieser Vorschriften findet sich die Aufteilung in Verträge, die mit unterschiedlichen Verursachungsbeiträgen des Handelsvertreters zustande gekommen sind. Insgesamt ist nach dem Richtlinienvorbild ein verwickeltes und schwer überschaubares System entstanden. Im Interesse der Übersichtlichkeit wird hier eine andere Struktur gewählt: die Hauptunterscheidung wird je nachdem getroffen, ob der Verursachungsbeitrag des Handelsvertreters eine Voraussetzung für die Entstehung des Provisionsanspruchs darstellt.

a. Die Entstehung des Provisionsanspruchs durch einen Verursachungsbeitrag des Handelsvertreters

Gem. Art. 761 § 1 und Art. 7611 ZGB wird als Voraussetzung für die Entstehung des Provisionsanspruchs verlangt, daß der Vertragsabschluß durch den Handelsvertreter verursacht wurde. Zu dem Geschäftsabschluß muß es nämlich "infolge der Tätigkeit des Handelsvertreters gekommen" sein.13 Im nächsten Schritt wird gem. Art. 761 § 1 und Art. 7611 ZGB zwischen einer unmittelbaren und einer mittelbaren Verursachung unterschieden.

Die Frage der unmittelbaren Verursachung regeln Art. 761 § 1 1. Alt. ZGB und Art. 7611 § 1 und § 2 ZGB. Gem. Art. 761 § 1 1. Alt. ZGB hat der Handelsvertreter dann Anspruch auf Provision, wenn es zu dem Vertragsabschluß infolge seiner Tätigkeit gekommen ist und dieser während des Handelsvertreterverhältnisses erfolgte. Durch eine den Art. 761 § 1 1. Alt. ZGB ergänzende Regelung des Art. 7611 § 1 ZGB soll vermieden werden, daß die Provisionspflicht des Unternehmers in der Weise umgangen wird, daß der Unternehmer die Annahme des Kundenangebotes – und damit den Vertragsabschluß – bis zum Zeitpunkt nach der Beendigung des Handelsvertretervertrages hinausschiebt.14

Nach Art. 7611 § 1 ZGB hat nämlich der Handelsvertreter auch dann Anspruch auf Provision, wenn das Geschäft erst nach der Beendigung des Handelsvertretervertrages abgeschlossenen wurde, aber die Bestellung des Kunden vor Beendigung des Handelsvertretervertrages beim Unternehmer oder beim Handelsvertreter eingegangen ist.

Weiterhin hat der Handelsvertreter gem. Art. 7611 § 2 ZGB dann Anspruch auf Provision, wenn es zu dem Vertragsabschluß überwiegend infolge seiner während des Handelsvertreterverhältnisses ausgeübten Tätigkeit und zugleich innerhalb einer angemessenen Zeit nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses gekommen ist.

Die Frage der mittelbaren Verursachung des Vertragsabschlusses durch den Handelsvertreter regeln die Art. 761 § 1 2. Alt. ZGB und Art. 7611 § 1 ZGB: Gem. Art. Art. 761 § 1 2. Alt. ZGB hat der Handelsvertreter Anspruch auf Provision, wenn der Vertrag mit einem solchen Kunden abgeschlossen wurde, den der Handelsvertreter bereits vorher für Geschäfte gleicher Art geworben hatte und der Vertrag während des Handelsvertreterverhältnisses zustande kam. Auch hier gilt entsprechend die im vorhergehenden Absatz beschriebene Zusatzregelung des Art. 7611 § 1 ZGB.

b. Entstehung des Provisionsanspruchs ohne einen Verursachungsbeitrag des Handelsvertreters

Auf der anderen Seite läßt das ZGB zu, daß der Anspruch auf Provision ohne Nachweis eines kausalen Beitrages des Handelsvertreters zum Vertragsabschluß entsteht. Dafür muß dem Handelsvertreter gem. Art. 761 § 2 ZGB jedoch ein bestimmter Bezirk oder Kundenkreis zugewiesen sein. Ist dann das Geschäft mit einem Kunden aus diesem Bezirk oder diesem Kundenkreis abgeschlossen, kommt es für die Entstehung des Provisionsanspruchs nicht auf den Verursachungsbeitrag des Handelsvertreters an.

Der Grund für den Verzicht auf den Verursachungsbeitrag liegt darin, daß die Gebietszuweisung den Handelsvertreter verpflichtet, dem zugewiesenen Bezirk eine besondere Aufmerksamkeit zu widmen. In aller Regel wird dem Handelsvertreter dabei vertraglich untersagt, sich außerhalb des zugewiesenen Bereich zu betätigen.15 Dafür muß ein finanzieller Ausgleich geschaffen werden.

Auch für die Bezirksvertreter ist die oben genannte Schutzbestimmung des Art. 761 1 § 1 ZGB vorgesehen: Der Handelsvertreter hat auch dann Anspruch auf Provision, wenn die Bestellung des Kunden vor der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses beim Unternehmer oder beim Kunden eingegangen ist, das Geschäft aber erst nach der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses abgeschlossen wurde.

c. Die Entstehung des Provisionsanspruchs des ausscheidenden Handelsvertreters

Scheidet ein Handelsvertreter aus und tritt an seine Stelle ein Nachfolger-Handelsvertreter in das Vertragsverhältnis ein, kann es zum Konflikt der Provisionen kommen.

Der ausgeschiedene Handelsvertreter kann beispielsweise geltend machen, zu dem Geschäftsabschluß sei es überwiegend16 infolge seiner noch während des Vertragsverhältnisses ausgeübten Tätigkeit gekommen, folglich gebühre ihm die Provision gemäß Art. 7611 § 2 ZGB.

Der Nachfolgevertreter kann demgegenüber geltend machen, er habe ebenfalls auf den Kunden eingewirkt, womit es zu dem Geschäftsabschluß auch infolge seiner Tätigkeit gekommen sei, deshalb gebühre ihm die Provision gemäß Art. 761 § 1 ZGB. Die Provision stünde in solchen Fällen beiden Handelsvertretern zu, folglich müßte der Unternehmer sie doppelt auszahlen. Das wäre für den Unternehmer ökonomisch nicht tragbar. Daher ist in Art. 7612 ZGB eine "Kollisionsvorschrift" vorgesehen. Danach kann der Handelsvertreter die in Art. 761 ZGB genannte Provision nicht verlangen, wenn sie nach Art. 7611 ZGB dem Vorgänger zusteht, es sei denn, daß Billigkeitsgründe für eine Teilung der Provision zwischen den Handelsvertretern sprechen.

2. Erstarken des Provisionsanspruchs

Wie am Anfang der Ausführungen zur Provision dargestellt wurde, steht der bereits entstandene Provisionsanspruch zunächst noch unter der aufschiebenden Bedingung der Erbringung des Leistung durch eine der Parteien (Art. 7613 ZGB). Anschließend steht er noch unter der auflösenden Bedingung des Feststehens der Nichtausführung des Vertrages aus Gründen, die der Unternehmer nicht zu vertreten hat (Art. 7614 ZGB).

a. Aufschiebende Bedingung

Der Provisionsanspruch entsteht mit Abschluß des Vertrages zwischen dem Unternehmer und dem Kunden. Der Abschluß allein genügt aber noch nicht, damit der Handelsvertreter die Provision endgültig verdient. Der Kunde könnte sich noch vom Vertrag zurückziehen, indem er ihn beispielsweise storniert bzw. anficht oder er könnte den Vertrag mangels Liquidität nicht erfüllen. Der Unternehmer verdient in solchen Fällen nichts und es ist nicht einzusehen, warum er dann das wirtschaftliche Risiko tragen und dem Handelsvertreter die Provision zahlen soll.

Andererseits könnte aber auch der Unternehmer aus Gründen, die in seiner Sphäre liegen, den mit dem Kunden geschlossenen Vertrag in irgendeiner Weise rückgängig machen. Hier soll umgekehrt der Handelsvertreter kein wirtschaftliches Risiko tragen und die Provision dennoch ausgezahlt bekommen.

Dementsprechend setzt das ZGB als Voraussetzung des endgültigen Verdienens der Provision zwei mögliche gestaffelte Anknüpfungen: die Ausführung des Vertrages durch den Unternehmer und die Ausführung durch den Kunden. Nach Art. 7613 § 1 S. 1 ZGB erwirbt nämlich der Handelsvertreter mangels einer abweichenden Vereinbarung das Recht auf Provision in dem Zeitpunkt, in dem der Unternehmer seine Leistung erbracht hat, oder in dem Zeitpunkt, in dem der Kunde seine Leistung erbracht hat.

Für den in der Praxis eher seltenen Fall der Vorleistungspflicht des Unternehmers sieht Art. 7613 § 1 S. 1 ZGB noch eine dritte Anknüpfung vor: den Zeitpunkt, in dem der Unternehmer die Leistung hätte erbringen sollen.

Die Vorschrift des Art. 7613 § 1 Satz 1 ZGB ist parteilichen Abreden zugänglich. Zum Schutz17 des Handelsvertreters bestimmt daher Art. 7613 § 1 Satz 2 ZGB, daß die Parteien nicht vereinbaren dürfen, daß der Handelsvertreter das Recht auf Provision später als in dem Zeitpunkt erwirbt, in dem der Kunde die Leistung erbracht hat, oder erbracht haben müßte, falls der Unternehmer seine Leistung erbracht hätte.

b. Auflösende Bedingung

Der Provisionsanspruch steht anschließend noch unter der auflösenden Bedingung des Feststehens der Nichtausführung der Vertrages. Steht nämlich fest, daß trotz der Erbringung der Leistung durch eine der Parteien der gesamte Vertrag endgültig doch nicht ausgeführt wird, so entfällt gem. Art. 7614 ZGB der Provisionsanspruch des Handelsvertreters. Der Provisionsanspruch kann aber gem. Art. 7614 ZGB nur dann entfallen, wenn die Nichtausführung des Vertrages auf Umständen beruht, die der Unternehmer nicht zu vertreten hat. Der Handelsvertreter soll das wirtschaftliche Risiko nämlich nur in den Fällen tragen, in denen der Kunde die Nichtausführung des Vertrages verursacht hat. Hat dagegen der Unternehmer die Nichtausführung des Vertrages zu vertreten, bleibt der Provisionsanspruch bestehen. Was der Unternehmer zu vertreten hat, ergibt sich aus Art. 472 ZGB. Danach hat er die Nichteinhaltung der erforderlichen Sorgfalt zu vertreten. Ob die polnische Rechtsprechung damit im Rahmen des Art. 7614 ZGB die in Deutschland nach § 87 a Abs. 3 Satz 2 HGB angewandte Risikosphärentheorie entwickelt wird, ist ungewiß. Relevant könnte diese Frage beispielsweise dann sein, wenn der Unternehmer dem Stornierungswunsch des Kunden entspricht, weil er anderenfalls befürchten muß, diesen Kunden als Dauerkunden zu verlieren.18

3. Fälligkeit

Der Provisionsanspruch wird gemäß Art. 7613 § 3 ZGB am letzten Tag des Monats fällig, der auf das Quartal folgt, in welchem der Handelsvertreter das Recht auf Provision erworben hat. Das Recht auf Provision erwirbt der Handelsvertreter mit der einseitigen Erbringung der Leistung durch den Unternehmer oder den Kunden (Art. 7613 § 1 ZGB). Sollte anschließend der gesamte Vertrag nicht ausgeführt werden und der Anspruch auf Provision entfallen, muß der Handelsvertreter dem Unternehmer gem. Art. 7614 Satz 1 ZGB die bereits erhaltene Provision zurückzahlen.

4. Abrechnung über die Provision

Gemäß Art. 7615 § 1 ZGB ist der Unternehmer verpflichtet, dem Handelsvertreter eine Abrechnung über die geschuldete Provision zu geben, und zwar spätestens am letzten Tag des Monats, der auf das Quartal folgt, in dem der Handelsvertreter das Recht auf Provision erworben hat. Die Abrechnung muß alle für die Berechnung der Provision erforderlichen Angaben enthalten. Gemäß Art. 7615 § 2 ZGB hat der Handelsvertreter Anspruch darauf, daß ihm alle Auskünfte gegeben werden, die zur Nachprüfung des Betrages der ihm zustehenden Provision erforderlich sind; insbesondere kann er hierzu einen Auszug aus den Handelsbüchern des Unternehmers verlangen. Dieser Anspruch verfällt, wenn er nicht innerhalb von 6 Monaten nach dem Verlangen des Handelsvertreters gerichtlich geltend gemacht wird.19

5. Delkredereprovision

Der Handelsvertreter braucht grundsätzlich nicht dafür einzustehen, daß der Kunde den Vertrag mit dem Unternehmer erfüllt. Die einzige Folge der Nichterfüllung ist, daß der Handelsvertreter keine Provision erhält.

Der Handelsvertreter kann sich jedoch verpflichten, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Kunden einzustehen (Delkredere). Dafür erhält er als Ausgleich eine über die reguläre Provision hinausgehende Delkredereprovision.

Die Vereinbarung über das Delkredere muß gemäß Art. 7617 § 1 ZGB in einem schriftlichen Handelsvertretervertrag erfolgen. Die Nichteinhaltung der Schriftform führt dazu, daß der Vertrag als ohne das Delkredere abgeschlossen gilt.

Die Übernahme des Delkredere ist gemäß Art. 7617 § 2 ZGB nur bei Wahrung des Bestimmheitsgrundsatzes zulässig. Die Einstandspflicht kann nämlich nur für ein bestimmtes Geschäft oder für solche Geschäfte mit bestimmten Dritten übernommen werden, die der Handelsvertreter vermittelt hat oder die er im Namen des Unternehmers abgeschlossen hat.

VIII. Vertragsdauer und Beendigung des Vertrages

Der Handelsvertretervertrag kann sowohl auf bestimmte als auch auf unbestimmte Zeit geschlossen werden. Ein auf bestimmte Zeit geschlossener Vertrag, der nach Ablauf seiner Laufzeit von den Parteien fortgesetzt wird, gilt gem. Art. 764 ZGB als in einen auf unbestimmte Zeit geschlossenen Vertrag umgewandelt.

Ein auf unbestimmte Zeit geschlossener Handelsvertretervertrag kann gem. Art. 7641 § 1 ZGB nach Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen gekündigt werden. Diese betragen einen Monat im ersten Jahr, zwei Monate im zweiten Jahr und drei Monate im dritten und allen folgenden Jahren. Das polnische Recht verzichtet damit auf die in Deutschland in § 89 Abs. 1 HGB verankerte nächste Stufe für fünfjährige Verträge, für die eine Kündigungsfrist von 6 Monaten gilt. Die Kündigung erfolgt im Falle des Nichtvorhandenseins einer abweichenden Vereinbarung zum Ende des Kalendermonats (Art. 7641 § 3 ZGB).

Die gesetzlichen Kündigungsfristen dürfen nicht verkürzt werden. Die Vertragsparteien können jedoch gem. Art. 7641 § 2 ZGB die Verlängerung der gesetzlichen Fristen vereinbaren. Die Frist für den Unternehmer darf allerdings nicht kürzer sein als die für den Handelsvertreter. Durch die Verlängerung der Kündigungsfrist für den Handelsvertreter gilt gem. Art. 7641 § 2 Satz 2 ZGB auch die Kündigungsfrist für den Unternehmer als verlängert.

Die Bestimmungen über die Kündigungsfristen gelten auch für Verträge auf bestimmte Zeit, die gem. Art. 764 ZGB in Verträge auf unbestimmte Zeit umgewandelt worden sind. Bei der Berechnung der Kündigungsfristen gem. Art. 7641 § 4 ZGB wird die Dauer des auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Vertrages berücksichtigt.

Ein auf bestimmte Zeit geschlossener Vertrag darf vor dem Ablauf der vereinbarten Laufzeit nicht ordentlich gekündigt werden.

Gem. Art. 7642 ZGB ist aber auch die außerordentliche Kündigung vorgesehen, die sowohl bei auf bestimmte Zeit geschlossenen als auch bei auf unbestimmte Zeit geschlossenen Verträgen anwendbar ist. Der Handelsvertretervertrag kann ohne Einhaltung von Kündigungsfristen gekündigt werden, wenn eine der Parteien ihre Pflichten nicht erfüllt oder wenn außergewöhnliche Umstände eingetreten sind. Wird die Kündigung durch Umstände veranlaßt, die die andere Partei zu vertreten hat, ist diese gem. Art. 7642 § ZGB zum Ersatz des durch die Aufhebung des Vertrages entstandenen Schadens verpflichtet.

IX. Wettbewerbsverbot

Gem. Art. 7646 ZGB kann zwischen dem Handelsvertreter und dem Unternehmer ein Wettbewerbsverbot für den Handelsvertreter für die Zeit nach der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses vereinbart werden. Das Wettbewerbsverbot darf gem. Art. 7646 § 2 ZGB für längstens zwei Jahre nach Beendigung des Handelsvertretervertrages vereinbart werden.

Der Abschluß der Wettbewerbsabrede muß gem. Art. 7646 § 1 ZGB zwingend in Schriftform erfolgen. Die Abrede ist nur dann gültig, wenn sie den dem Handelsvertreter zugewiesenen geographischen Bezirk oder Kundenkreis, sowie Warengattungen betrifft, die nach dem Vertrag Gegenstand seiner Tätigkeit sind.

Im Falle des Nichtvorhandenseins einer abweichenden Vereinbarung hat der Unternehmer gem. Art. 7646 § 3 ZGB dem Handelsvertreter für die Dauer des Wettbewerbsverbots einen angemessenen Geldbetrag zu zahlen. Wenn die Höhe des Geldbetrages vertraglich nicht bestimmt ist, ist ein Betrag zu leisten, der den Vorteilen des Unternehmers aufgrund des Wettbewerbsverbots und den dem Handelsvertreter entgehenden Erwerbsmöglichkeiten entspricht.

Das polnische Recht sieht, ähnlich wie das deutsche Recht, auch eine Befreiungsmöglichkeit vom Wettbewerbsverbot für beide Parteien vor. Einerseits kann gem. Art. 7647 ZGB der Unternehmer die Wettbewerbsabrede schriftlich mit der Wirkung widerrufen, daß er mit dem Ablauf von 6 Monaten seit der Widerrufserklärung von der Pflicht zur Zahlung des Geldbetrages befreit wird. Die Widerrufserklärung kann allerdings nur bis zum Ende des Vertragsverhältnisses mit dem Handelsvertreter erfolgen. Anderseits kann sich auch der Handelsvertreter von der Wettbewerbsabrede befreien, wenn er den Handelsvertretervertrag wegen eines solchen Umstandes gekündigt hat, den der Unternehmer zu vertreten hat. Anders als im deutschen Recht (§ 90 a Abs. 3 HGB) ist damit im polnischen Recht die kündigungsbedingte Befreiung vom Wettbewerbsverbot nur für den Handelsvertreter möglich.

X. Ausgleichsanspruch

Nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses hat der Handelsvertreter einen sogenannten Ausgleichsanspruch gegenüber dem Unternehmer. Der Grund für die Gewährung des Ausgleichsanspruches liegt darin, daß der Handelsvertreter den vom ihm aufgebauten Kundenstamm verliert, ohne daß er für künftig abzuschließende Geschäfte eine Provision erhält.

Den Ausgleichsanspruch erhält der Handelsvertreter nur, wenn er den Kundenstamm des Unternehmers erweitert oder gefestigt hat. Der Ausgleichsanspruch steht nämlich gem. Art. 7643 § 1 ZGB dem Handelsvertreter zu, wenn er während des Vertragsverhältnisses neue Kunden geworben oder den Umsatz mit vorhandenen Kunden wesentlich erhöht hat und der Unternehmer aus den Geschäften mit diesen Kunden weiterhin erhebliche Vorteile zieht. Die Ausgleichsleistung kann der Handelsvertreter allerdings dann nur verlangen, wenn dies unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere des Verlustes von Provisionen, der Billigkeit entspricht. Der Provisionsverlust ist damit im polnischen Recht keine eigenständige Anspruchsvoraussetzung, wie dies nach § 89 b Abs. 1 Ziff. 2 des deutschen HGB der Fall ist, sondern ist in Billigkeitserwägungen eingebettet.

Damit die Übertragbarkeit des Ausgleichsanspruch im Wege der Erbfolge - als möglicherweise eines persönlichen Anspruchs - nicht angezweifelt wird, besagt Art. 7643 § 4 ZGB, daß nach dem Tod des Handelsvertreters seine Erben die Ausgleichsleistung verlangen können. Im deutschen Recht ist dieses Ergebnis erst von der Rechtsprechung klargestellt worden.20

Aussagen über die Höhe des Ausgleichs enthält das polnische Recht nicht. Nach Art. 7643 § 2 ZGB wird lediglich festgestellt, daß die Ausgleichsleistung die anhand der letzten fünf Jahre errechnete Jahresdurchschnittsvergütung nicht überschreiten darf. Bei kürzerer Dauer des Handelsvertreterverhältnisses ist der Durchschnitt seiner Gesamtdauer maßgebend.

Der Ausgleichsanspruch steht dem Handelsvertreter nicht zu, wenn die Gründe für die Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses aus der Sphäre des Handelsvertreters kamen und er sie zu vertreten hat. In solchen Fällen ist der Handelsvertreter nicht schutzbedürftig, da er den Provisionsausfall selbst durch die Beendigung des Handelsvertretervertrages verursacht hat. Gem. Art. 7644 ZGB steht die Ausgleichsleistung dem Handelsvertreter namentlich dann nicht zu, wenn der Unternehmer den Vertrag wegen eines Umstandes gekündigt hat, den der Handelsvertreter zu vertreten hat und der eine fristlose Kündigung rechtfertigt; wenn der Handelsvertreter den Vertrag gekündigt hat, es sei denn, daß die Kündigung durch Umstände die der Unternehmer zu vertreten hat oder durch Alter, Gebrechen oder Krankheit des Handelsvertreters, derentwegen ihm eine Fortsetzung seiner Tätigkeit nicht zugemutet werden kann, gerechtfertigt ist; schließlich wenn der Handelsvertreter mit der Genehmigung des Unternehmers die Rechte und Pflichten, die er nach dem Vertrag besitzt, an einen Dritten abgetreten hat.

Der Ausgleichsanspruch unterliegt nicht nur der Verjährung nach den allgemeinen Regeln, sondern darüber hinaus einer Präklusivfrist.21 Der Handelsvertreter bzw. seine Erben müssen nämlich gem. Art. 7643 § 5 ZGB den Ausgleichsanspruch innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses gerichtlich oder außergerichtlich geltend machen. Anderenfalls verfällt der Anspruch unwiederbringlich.

Um den Schutz des Handelsvertreters vor Verkürzungen oder sonstigen unlauteren Verrechnungen des Ausgleichsanspruches zu gewährleisten, bestimmt Art. 7645 ZGB, daß die Parteien bis zur Beendigung des Vertrages keine Vereinbarung treffen dürfen, die den Handelsvertreter im Verhältnis zu gesetzlichen Vorschriften benachteiligen würden. Nach der Beendigung des Vertrages sind dagegen beliebige Vereinbarungen zulässig. Der Handelsvertreter steht zu diesem Zeitpunkt nicht mehr unter dem Druck des Unternehmers und ist in seiner Willensbildung frei.

XI. Fazit und Schlußbemerkungen

Das neue polnische Handelsvertreterrecht ist ein gelungenes Gesetzeswerk. Der polnische Gesetzgeber hat sämtliche Bestimmungen der EU-Handelsvertreter-Richtlinie umgesetzt. Das gilt namentlich für die Vorschriften über die Rechtsstellung des Handelsvertreters, über seine und des Unternehmers Pflichten, über die Vertragsdauer sowie die Beendigung des Vertrages und auch über den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters. Das polnische Handelsvertreterrecht entspricht daher den in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft herrschenden Regelungen. Das übergeordnete Ziel aller EU-Richtlinien, nämlich die Angleichung der innerstaatlichen Vorschriften innerhalb Europas, ist damit für Polen erreicht.

Teilweise ist der polnische Gesetzgeber über den Umfang der EU-Handelsvertreter-Richtlinie sogar hinausgegangen und hat zusätzliche Regelungen eingeführt. Das betrifft namentlich die Vorschriften über den Mangel der Vertretungsmacht, über die Auslegungshilfe bei der Feststellung der Ermächtigung zur Vornahme von Handlungen für den Unternehmer, über den Ersatz von Aufwendungen des Handelsvertreters und über die Delkredereprovision. Dabei hat der polnische Gesetzgeber gute rechtsvergleichende Arbeit geleistet, die viele europäische Länder einbezog und unter anderem auch deutsche Erfahrungen berücksichtigte.22

Trotz der Ähnlichkeit zum deutschen Recht bleibt das polnische Handelsvertreterrecht eine eigenständige Regelung mit einigen Unterschieden und Abweichungen von den Bestimmungen des deutschen HGB.

 

1.Gesetz vom 26.07.2000 (Dz.U. 00.74.857).
2.Richtlinie 86/653/EWG zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter vom 18.12.1986 (ABl. Nr. L 382/17).
3.Es fanden sich ganze sieben Vorschriften; vgl. dazu Franek, Polnisches Handelsvertreterrecht und Vertragsgestaltung aus Sicht deutscher Herrsteller, IWB vom 26.05.1999, S. 477.
4.Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Zivilgestzbuches (Art. 758 – 764 8 ), Kwartalnik Prawa Prywatnego 1999/1/187.
5.Ent. des s.apel. Katowice v. 12.12.1991, I ACr 453/91, OSA 92/6/53; Ent. des SN v. 2.10.1969, I PR 246/69, OSNCP 70/138/7-8. Die Entscheidungen betreffen zwar das alte Handelsvertreterrecht, gelten aber auch für das neue Handelsvertreterrecht.
6.Vgl. für deutsches Recht Staub/Brüggemann § 85 Rn. 6; Baumbach/Duden/Hopt § 85 Rn. 6; Schröder/Schlegelberger § 85 Rn.1.
7.Richtlinie über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen, ABl. Nr. L 288 vom 18.10.1991, S. 32.
8.Gesetz über die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs von 16.04.1993 (Dz. U. 93. 47. 211 mit späteren Änderungen).
9.Ent. SN vom 24.04.1970, I ZR 49 / 70, nicht veröffentlicht
10.Ent. SN vom 13.11.1971, II ZR 505 / 71, OSP 1972 / 4 / 75
11.Vgl. BGH NJW 90, 569; BGH DB 81, 2274
12.Ausführungen dazu wurden in der in FN 5 genannten Dissertation gemacht. Auch im deutschen Recht wird diese Konstruktion von der herrschenden Meinung angenommen, vgl. BGH NJW 1900, 11665; Koller/Roth/Morck § 87 Rn. 5; Baumbach/Duden/Hopt § 87 a Rn 1, 6; demgegenüber nimmt Canaris § 17 IV 1 b, S. 335 eine dreifache Bedingung an.
13.Wie die polnische Rechtsprechung und Lehre diese Voraussetzung auslegen werden, ist ungewiß. In der deutschen Lehre und Rechtsprechung wird hervorgehoben, daß zur Erfüllung dieser Voraussetzung jede Mitursächlichkeit des Handelsvertreters genüge, wenn sie das Zustandekommen des Geschäfts im Ergebnis gefördert und dadurch mitbewirkt hat. Der Abschluß brauche nicht das alleinige Verdienst des Handelsvertreters zu sein; derartiges sei auch kaum je annähernd sicher festzustellen. Notwendig sei nicht einmal überwiegende Tätigkeit des Handelsvertreters, wie der Gegenschluß aus § 87 III dt. HGB (Art. 8 lit. a HV–Rili) erkennen lasse. Andererseits scheide Ursächlichkeit aus, wenn der Handelsvertreter gegenüber einem bereits zum Abschluß entschlossenen Dritten tätig wird. Entscheidend bleibe immer, daß die Tätigkeit des Handelsvertreters nicht weggedacht werden kann, ohne das Zustandekommen des Abschlusses in Zweifel zu ziehen (Baumbach/Duden/Hopt § 87 Rn. 11; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn. 13, 16; Staub/Brüggemann § 87 Rn. 15 f; BGH BB 1960, 111; BAG BB 1971, 492; OLG Köln BB 1971, 103;).
14.Vgl. zum deutschen Recht Küstner/v. Manteufell, Die Änderungen die Handelsvertreterrecht aufgrund der EG-Harmonisierungsrichtlinie vom 18.12.1986, BB 1990, 291, 295.
15.Vgl. im deutschen Recht Staub/Brüggemann § 87 Rn. 30.
16.Dabei ist hervorzuheben, daß das „überwiegende“ nicht etwa im Verhältnis zum Nachfolgevertreter steht. Zwar könnte die Vorschrift des Art. 761 1 § 2 ZGB – die unmittelbar vor dem das Konkurrenzverhältnis zwischen dem ausscheidenden und dem Nachfolgevertreter regelnden Art. 761 2 ZGB verankert ist – zu dieser Schlußfolgerung verführen. Jedoch setzt Art. 761 1 § 2 ZGB nicht voraus, daß der Unternehmer überhaupt einen Nachfolgevertreter einschaltet. Das „überwiegende“ bezieht sich daher auf alle Faktoren, die zum Vertragsschluß beitragen können. Im deutschen Recht so auch: Staub/Brüggemnn § 87 Rn. 42 f; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn. 47 a.
17.Art. 7613 § 1 Satz 1 ZGB besagt zwar, daß Art. 7613 § 1 Satz 2 ZGB überhaupt nicht geändert werden darf. Damit kann Satz 2 als eine Vorschrift auch zum Schutz des Unternehmers verstanden werden. Aber von seinem eindeutigen Charakter als Schutzvorschrift zugunsten des Handelsvertreters zeugt sein Protoptyp, nämlich Art. 10 Abs. 4 EU-Handelsvertreter-Richtlinie, wonach nur solche Parteiabreden zulässig sind, die für den Handelsvertreter vorteilhafter sind.
18.Vgl. Ankele, Das deutsche Handelsvertreterrecht nach der Umsetzung der EG-Richtlinie, DB 1998, 2211 f.
19.Es handelt sich hierbei um keine Verjährungs- sondern um eine Präklusionsvorschrift. Was der Unterschied zwischen den Verjährung- und Präklusivfristen im polnischen Recht darstellt, wird weder in der Lehre noch in der Rechtsprechung eindeutig festgestellt (vgl. Wolter, Prawo cywilne Zarys części ogólnej, 6. Aufl., Warszawa 1982, S. 342 ff. m.w.N.). Generel gilt nichts anderes als für Ausschlußfristen in Deutschland oder materiellrechtliche Präklusivfristen in Österreich. Die Verjährung bringt nämlich ein an sich unbefristetes Recht zum Erlöschen, während die Präklusion die „Lebensdauer“ eines Rechts von vornherein begrenzt. Daher bleibt nach Eintritt der Verjährung eine Naturalobligation bestehen, während der Ablauf der Präklusivfrist das Recht vollkommen vernichtet (vgl. für Österreich Welser-Koziol, Grundriss des bürgerlichen Rechts, Band 1, Allgemeiner Teil und Schuldrecht, 8. Aufl., Wien 1987, S. 181; und für Deutschland ). Das dürfte auch im polnischen Recht den Kern des Problems treffen.
20.BGH 24, 214, 224; BGH 41, 129.
21.Vgl. dazu FN 20.
22.Vgl. Begründung zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Zivilgestzbuches (Art. 758 – 764 8 ), Kwartalnik Prawa Prywatnego 1999/1/187.

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