Rechtsanwalt Ebay Polen
polen-rundschau – September 2005
Ich habe vor kurzem bei eBay ein Motorrad ersteigert. Der Verkäufer hat seinen Wohnsitz in Polen. Als ich ihn auf dem Handy angerufen habe, um die Einzelheiten der Zahlung und der Übergabe zu besprechen, war er gerade im Urlaub in Ägypten. Als ich ihn ein paar Tage später erneut anrief, war er zwar wieder in Polen, sagte mir aber, dass er nicht bereit sei, zu dem von mir abgegebenen Gebot zu verkaufen, da es viel zu niedrig sei. Als ich ihm sagte, dass der Preis zugegebener weise sehr niedrig sei, dass aber eben dieses Verkäuferrisiko bei jeder Versteigerung bestehe, erwiderte er, dass ich mir meine „goldenen Euro“ sparen könne – er werde mir die Maschine zu diesem Preis definitiv nicht verkaufen. Dann hat er aufgelegt. Wie ist die Rechtslage? Kann ich irgendwie gegen den Verkäufer vorgehen und das Motorrad doch kaufen?
Die Rechtslage ist die Folgende: Wenn jemand eBay-Mitglied wird, unterwirft er sich den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von eBay. Nach denen gilt, dass jeder, der als Anbieter zwecks Durchführung einer Online-Auktion einen Artikel auf die eBay-Website einstellt, ein verbindliches Angebot zum Vertragsschluss über diesen Artikel abgibt. Ihr polnischer Verkäufer hat also ein verbindliches Angebot zum Verkauf des Motorrads abgegeben.
Das Angebot richtet sich nach den AGB an denjenigen Bieter, der während der Laufzeit der Online-Auktion das höchste Gebot abgibt. Das höchste Gebot bei der Versteigerung haben Sie abgegeben. Damit haben Sie die Versteigerung gewonnen.
Weiter bestimmen die AGB: Mit dem Ende der von dem Verkäufer bestimmten Laufzeit der Online-Auktion kommt zwischen dem Anbieter und dem das höchste Gebot abgebenden Bieter ein Vertrag über den Erwerb des von dem Anbieter in die eBay-Website eingestellten Artikels zustande. Das heißt, dass zwischen dem polnischen Verkäufer und Ihnen ein Kaufvertrag zu dem von Ihnen gebotenen Preis zustande gekommen ist.
Dieser Vertrag ist wirksam. Der Verkäufer kann sich weder auf Irrtum noch auf sonst welche Umstände berufen. Er hat das Motorrad bei der Versteigerung angeboten und muss sich den Gesetzen einer jeder Versteigerung beugen. Diese sind, dass derjenige, der das höchste Gebot abgibt, den ersteigerten Artikel mitnehmen darf. Der Verkäufer hätte ein Mindestgebot festlegen können, was bedeutet, dass er zu einem niedrigeren Preis nicht verkauft. Das hat aber Ihr Motorradverkäufer nicht getan. Daher muss er den Preis gelten lassen, der ihm von Ihnen als dem höchsten Bieter gegeben worden ist.
Sie haben jetzt zwei Wege, wie Sie weiter vorgehen können. Entweder Sie versuchen, die Angelegenheit gütlich zu regeln oder Sie leiten gleich ein gerichtliches Verfahren ein. In beiden Fällen werden Sie voraussichtlich ohne anwaltliche Hilfe nicht auskommen. Denn selbst dann, wenn Sie zunächst die außergerichtliche Lösung versuchen, werden Sie alleine nichts mehr bewirken. Indem nämlich der Verkäufer den Hörer mitten im Gespräch auflegt, manifestiert er, dass er mit Ihnen nicht mehr sprechen wird. Sie müssen daher einen professionellen Mediator – einen Anwalt – einschalten, der die Gespräche in Ihrem Namen weiter führt. Wenn auch seine Gespräche mit dem Verkäufer zu keinem Ergebnis führen, bleibt nichts mehr übrig als gerichtliche Schritte einzuleiten.
Hierbei sollte man zunächst einen Antrag auf einstweilige Verfügung stellen, dass der Verkäufer das Motorrad vorläufig nicht veräußern darf. Dabei sollte man hier sehr rasch vorgehen, damit Sie die einstweilige Verfügung erwirken, bevor der Verkäufer das Motorrad bereits verkauft hat. Denn falls der Verkäufer die Maschine an einen Dritten verkauft hat, ist die einstweilige Verfügung gegenstandslos und Sie haben keine Chance, die Maschine von dem Dritten zu erlangen.
Im zweiten Schritt muss eine Klage auf Herausgabe des Motorrads eingelegt werden. Das Gericht muss feststellen, dass zwischen Ihnen und dem Verkäufer ein Kaufvertrag zustande gekommen ist, und Sie daher berechtigt sind, nach Zahlung des Kaufpreises das Motorrad übertragen zu bekommen.
Falls jedoch der Verkäufer das Motorrad veräußert hat, bevor die einstweilige Verfügung angeordnet worden ist, hat es keinen Sinn mehr, Klage auf Herausgabe des Motorrads einzureichen. Sie müssen dann eine Klage auf Schadensersatz einlegen. Dessen Höhe ergibt sich aus dem Preis, der üblicherweise für dieses Modell und Baujahr erreicht wird. Hierzu müssen Sie entsprechende Vergleichspreise finden und sie Ihrem Anwalt zur Verfügung stellen.